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Re: 3D mit freier Software nicht möglich?


From: Matthias-Christian Ott
Subject: Re: 3D mit freier Software nicht möglich?
Date: Sun, 04 May 2008 01:04:25 +0200
User-agent: Heirloom mailx 12.3 7/15/07

Henry Jensen <address@hidden> wrote:

> Hallo Matthias-Christian,
>
> On Sat, 03 May 2008 22:29:31 +0200
> Matthias-Christian Ott <address@hidden> wrote:
>
> > Die führen auch eine broken 3D apps Liste [1].
>
> Ja, aber diese betrifft, anders als der Name es suggeriert,
> eben Nicht-3D-Apps, die aufgrund des fehlenden GLX nicht mehr 
> laufen. Neben den aufgeführten Apps sind (auch) alle 
> 3D-Apps bzw. OpenGL-Apps betroffen.

Wikipedia sagt dazu [1]:

"GLX (initialism for "OpenGL Extension to the X Window System") provides
 the binding connecting OpenGL and the X Window System: it enables
 programs wishing to use OpenGL to do so within a window provided by the
 X Window System."

Also, da GLX der Standardweg ist (ich glaube sogar fast der einzige Weg),
sind natürlich alle Anwendungen betroffen, da GLUT und SDL eben die
GLX-Erweiterung nutzen.

> > Wie groß (im Sinne von Zeilen an Quellcode (einmal bitte cloc benutzen))
> > ist das Problem denn eigentlich?
>
> Puh, da müsstest du mal die gNewSense-Leute fragen. M. E. kann es aber nicht 
> all zu viel sein.

In dem Debian Bug Report sieht das aber anders aus, das bezieht sich
aber auch auf XFree86.
Laut dem gNewSense Bug Report sind es zwei Dateien.

> > Na ja, die Technologie (auch diesen ganzen Hypes) unserer Zeit sind doch
> > sowieso armselig und umweltschädigend.
>
> Es geht nicht darum, was Du oder ich benutze. Ich würde wahrschienlich heute 
> auch noch  ausschließlich mit einer Shell arbeiten, wenn nicht die meisten
> Webseiten mit lynx unlesbar wären.:-)

AJAX lässt grüßen ;).
Aber Graphische Darstellungen sind ja nicht immer schlecht (Plan 9 zeigt
das ja und Terminals gibt es ja auch nur, da die Computer den Framebuffer
nicht im Speicher halten konnten und die Zeichen so vom ROM aus auf den
Monitor geschrieben haben). Stell dir mal vor:
1024 * 768 * 1 (Farbtiefe) = 768 KB
320 * 240 * 1              = 75  KB
80 * 32 * 1 (Zeichengröße) = 2.5 KB

Ist schon ein Unterschied ;).

> > Aber wie Bernhard ja schon sagte, die FSF nicht greift primär in
> > Technologie ein, sondern will aufklären.
>
> Ja, aber man muss doch die Leute dort abholen wo sie sind. Mit einer 
> Kommandozeile brauche ich doch seit 15 Jahren niemandem mehr kommen. 
> Und wenn ich jemanden sage "3D geht nicht" fragt er mich wahrscheinlich auch,
> wo ich die letzten 10 Jahre eigentlich gelebt habe.

In der Welt von UNIX ;). Gegenfrage wäre dann: Wie hat 3D Graphik deine
Produktivität erhöht?
Außer Menschen die viel mit damit professionell arbeiten, wird da wohl
niemand eine ordentliche Antwort drauf haben.

> > Also meine Anwendungen benutzen keine GLX-Erweiterung und ich komme
> > prima damit aus. Die meisten 3D-Anwendungen sind doch nur Spiele.
>
> Exakt. Und was tut die große Masse meist ab und zu am Rechner?
> Zu 99% benutze ich auch kein GLX. Ab und zu Tuxracer bzw. die Nachfolger 
> zur Entspannung möchte ich jedoch nicht missen. :)

Jedem die seine Entspannung ;).

> Außerdem: Compiz(-Fusion) war doch der große Hinkucker der letzten Monate, 
> wenn 
> nicht Jahre, darüber hat man in letzter Zeit doch die Leute erst bekommen.

Wow, graphische Spielereien statt Inhalte. Aber das passt zu einer
Gesellschaft die lieber konsumiert als nachzudenken.

> Das ganze läuft doch so: Jemand ist unzufrieden mit Windows, sieht sich
> nach einer Alternative um, hat schonmal was von GNU/Linux gehört und 
> installiert 
> es sich mal probeweise. Erst dann, während des kennen lernens des Systems 
> lernt
> man dann auch was freie Software ist und um was es dabei geht. Dass es in 
> umgekehrter 
> Reihenfolge läuft habe ich eigentlich noch nicht erlebt.

Also ich habe diesen zweiten Schritt (also die Beschäftigung mit
Inhalten) als Folge des ersten noch nicht erlebt oder denkst du in
diesen Anwenderforen (wie ubuntuusers, etc.) wird groß über Freie
Software philosophiert?
In umgekehrter Reihenfolge wäre es aber sinnvoll, aber dafür muss man
wohl erst einmal in Konflikt mit proprietärer Software geraten sein,
damit man sich damit wirklich beschäftigt.
Ich bin ja auch nicht aus inhaltlichen Überlegungen zu GNU/Linux
gekommen, aber als ich dann nach der Installation im Handbuch die GPL
gelesen habe und mir dann noch ein paar Programmiersprachen angeeignet
habe, war ich dann schon mittendrin in den Inhalten.
Ich könnte mir mein Computer-Dasein ohne Freie Software heute gar nicht
mehr vorstellen.

Um noch mal ein bisschen weiter aus zu hohlen:

Sieh dir doch bitte einmal an, wie das heute mit Computern funktioniert:

Computer sind modern, gelten also irgendwie als toll, neu und absolut
notwendig. Jeder kauft sich einen (wird ja genug beworben), nach 1.4
Jahren (meine ich mal im Zusammenhang mit Greenpeace Vista Warnungen
gelesen zu haben) wird dann ein neuer angeschafft. Freuen sich schon die
Menschen in armen Ländern der Welt, die dann (leider immer noch) den
Müll verwerten dürfen.
Es geht da also um Computer als Konsumgut und nicht als Werkzeug.

Auf der anderen Seite dann die Firmen, die in immer schnelleren Zyklen
immer mehr Geräte auf den Mark werfen (Marketing-driven Development).
Bei den meisten Embedded-Firmen kann man heutzutage froh sein, dass die
GNU GPL verletzen, denn deren Quelltext möchte echt keiner lesen
(Stichwort: Plaste Router) - da wird irgendwie ein alter 2.4er Linux
Kernel mit einem 2.95er GCC oder so genommen, mit ein Shell Skripten
zusammengebaut und schließlich noch von Leuten, die keine Ahnung von
UNIX, C (und noch nichtmal HTML) haben, ein Webfrontend, eine
Distribution und noch ein paar proprietäre Tools und (manchmal) Treiber
dazu gebaut. Also Produkte deren Ziel feststeht: Müllverbrennungsanlage.
Bei den Chips scheint das so ähnlich zu sein, so dass dann lieber
(proprietäre) Firmware und Treiber benutzt werden, um die Bugs der
Chips zu umgehen oder später kritische Fehler in der Steuerung (mit
denen man eh schon rechnet) zu korrigieren.
Dann kommen noch diese Java Anwendungsentwickler, die mit hunderten
Klassen, XML-Dateien und Datenbanken unter Buzzword-Gebrauch um sich
werden und dafür sorgen, dass die 4GB neuer Computer auch ja ausgenutzt
werden, dazu.
Und weil Anwender sich nicht einmal mehr Anwendungen installieren
können, benutzen sie halt für alles Webseiten, die unter massiver
Vergewaltigung von HTML und Javascript dann Fensterverwaltung und
Zeichenmechanismen emulieren und so zu Anwendungen aufstreben.
Also insgesamt das Motto: Quantität statt Qualität.

Die selben Anwender unterhalten sich dann auf Web 2.0 Social Networks
über Nichtigkeiten, obwohl sie zwei Blocks auseinander wohnen oder nur
einfach nur Langweile haben, und halten die Ergebnisse dann auch noch in
ihrem Blog mit Fotos fest.
Oder allgemein: Hedonismus und Konsum findet nun auch "virtuell" statt.
Nichts gegen Computer, Internet und Kommunikation über lange Distanzen,
aber irgendwo ist echt das Ende.

Dem jeden das Seine, aber solchen Leuten kann die Inhalte Freier
Software nicht vermitteln, obwohl sie intensiv Computer und das Internet
nutzen und sogar damit schon aufwachsen.
Denn sich mit sowas wie Freier Software auseinanderzusetzen, bedeutet ja
Nachdenken: Nachdenken über Gesellschaft, Umwelt und das Leben an sich.
Freie Software ist sicherlich nur ein kleiner Teil ein großen Ganzen,
aber sicherlich auch wichtig.

Was ich eigentlich nur sagen wollte: Leuten, die Computeranwender im
Sinne von Überproduktionsvernichter sind, kann man schlecht verändern
oder über irgendwas weitreichendes oder tiefschürfendes zum Nachdenken
bringen.

Besser wäre es, wenn es eine Art Computerzentren geben würde, wo die
Menschen einfach nur hingehen und ihre Arbeit mit dem Computer machen.
Die Software wird dann auf den Grundsätzen Freier Software von
Entwicklern geschaffen und von "wissenden" Administratoren (vielleicht
auch beides in einer Person) zur Verfügung gestellt.
Aber bis man an diesem Punkt erstmal ist, muss sich wohl noch vielmehr
und weitreichenderes ändern.

Deshalb habe ich es aufgegeben irgendwelche Anwender, die das eh nicht
wollen, von Freier Software überzeugen zu wollen. Ich lebe in meiner
Freizeit in der Welt der Freien Software und der Quelltexte, das reicht
fürs Erste, es gibt wichtigere Dinge zu tun.
An Freie Hardware darf man (glaube ich) wegen des extrem Arbeitsteiligen
Prozesses der Hardwareproduktion und der hohen Kosten sowieso nicht
denken, über Dokumentation kann man sich vielleicht unterhalten.
Wobei Freie Hardware eigentlich viel wichtiger ist.

So sehe ich das (basierend auf meinen Erfahrungen).

> Viele Grüße,
>
> Henry

Gruß
Matthias-Christian

[1] http://en.wikipedia.org/w/index.php?title=GLX&oldid=201052344




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